L E S E P R O B E

 

(Bilder sind leider nicht enthalten)

 

 

Viel Spaß beim Lesen :)

 

 

 

 

Für meine beiden Lieben

 

Kinder sind Inspiration“

 

 

 

 

 

Die Stupsi Bücher sind meinen

 

Kindern – zukünftigen Nachfahren

 

und allen Lese- und Abenteuer-

 

begeisterten Kindern gewidmet.

 

Ich hoffe ihr habt genauso viel

 

Spaß beim Lesen, wie ich

 

beim Schreiben hatte.

 

Herzlichst Eure Renate Roy

 

 

 

 

 Stupsi

 

in Venedig

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis:

 

 

Kapitel 1:

 

Familienzuwachs

 

Kleiner Peterl – ein Spielzeug für mein Mäderl“

 

 

 

Kapitel 2:

 

BMW Dixie

 

Bist du noch klein – lass das Spielen mit Autos sein“

 

 

 

Kapitel 3:

 

Abschied

 

Mein liebes Kind – geh gegen Süden geschwind“

 

 

 

Kapitel 4:

 

Bergseeidylle

 

Ein besonderer Damm - zieht mich in den Bann “

 

 

 

 

 

Kapitel 5:

 

Der kleine Wassermann Junge

 

Bergsee klein – großes Geheimnis fein. “

 

 

 

Kapitel 6:

 

Venedig die Stadt auf Stelzen

 

Geisterspuk in der Lagune – nur ein Betrug?“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1:

 

Familienzuwachs

 

Klein Peterl fein willst unser Spielzeug sein

 

 

 

Hallo Kinder, ich bin Stupsi, ein ganz besonderer Stoffhase. Ich bin schon an die 50 Jahre alt, habe immer eine blaue Wollhose und ein kariertes Hemd an. Meine großen blauen ovalen Augen verdrehe ich manchmal und alle sind dann immer entzückt von mir. Seit unserem Urlaub in Garmisch-Partenkirchen, habe ich neben meiner Tante Erna noch eine andere Mama, ein kleines süßes Mädchen namens Renate, die sich seitdem liebevoll um mich kümmerte.

 

Der Winter kam und ich sah Renate längere Zeit nicht, weil Tante Erna wieder in Graz, das ist in Österreich, arbeiten musste. Weihnachten besuchte uns zwar Andi, aber mein Mädchen war in München, bei ihrer Familie. Ich vermisste sie sehr und verbrachte meistens die Tage alleine auf der Couch. Mit Nepomuk konnte ich auch nicht reden, weil dieser immer mit Tante Erna in die Arbeit fuhr. Außer mir waren in Tante Ernas Wohnung nur noch zwei Marionetten aus Mexiko, die sie von einem Bekannten geschenkt bekommen hatte, aber mit denen konnte ich leider nicht sprechen, weil diese mich nicht verstehen konnten. Eines Tages klingelte abends das Telefon und Tante Erna schrie einen spitzen Schrei aus: „Neiiiiiiiiiiiiiiiiiiin! Das gibt’s doch gar nicht, das freut mich aber für dich Friedl. Wann ist es denn soweit?...Ach wirklich, dann nehmt ihr es bestimmt mit nach Garmisch, oder? … Ich freue mich ja schon so! Renata und Stefana wird die Neuigkeit bestimmt gefallen ...ja, gib mir sofort Bescheid, wenn es was Neues gibt und grüß mir deine Lieben … ja mach es auch gut und pass auf dich auf. Baba Friedl.“

 

Ich verstand nur Bahnhof, aber nachdem Renates und Stefans Namen gefallen war, musste irgend etwas passiert sein, doch Tante Erna redete nicht mit mir, sondern trällerte nur ein fröhliches Lied.

 

Nun sag endlich was los ist, doch Tante Erna hielt es nicht für nötig mich einzuweihen und auch in den kommenden Monaten erzählte sie es mir nicht. Dann eines Tages kam der ersehnte Anruf, auf den sie gewartet hatte.

 

„Sepperl, schön das du anrufst… was, das ist ja eine tolle Nachricht … was, doch wieder, aber du hast ja schon Renata … wann kann ich euch den besuchen kommen … ach so ja, wir sehen uns ja in den Sommerferien in Garmisch … ach ich freue mich ja so für euch, ich kann es gar nicht mehr erwarten. Sag Friedl alles Gute und gib den Kindern einen Kuss von mir Baba Sepperl.“

 

Sie sprang von einem Bein auf das andere und tanzte durch die Wohnung. Dabei bemerkte sie wohl meinen fragenden Blick, nahm mich und tanzte jetzt mit mir und sang ein fröhliches Lied. Zwischendrin schmiss sie mich in die Luft und fang mich wieder auf. „Ein gesunder Junge“, brüllte sie immer wieder und gab mir einen Knutschi.

 

Ein Junge? Was für ein Junge? Ich verstand nur Bahnhof.

 

Ein paar Wochen später packte sie ihren Koffer und wir fuhren mit Nepomuk wieder nach Garmisch. Tante Erna hatte außerdem noch ein Geschenk dabei, ich wusste allerdings nicht was darin eingepackt war, denn sie kam schon mit dem verpackten Geschenk nach Hause.

 

Nach einer längeren Fahrt, kamen wir in Garmisch an, doch dieses Mal interessierte mich die atemberaubend Kulisse weniger als beim ersten Mal. Neugierig wartete ich auf das, was mich erwarten würde. Wie beim Ersten Mal lief uns Renate entgegen. Schnaufend plapperte sie los, kaum das Nepomuk stand.

 

„Da seid ihr ja endlich, Peterl ist gerade wach geworden und Mami stillt ihn gerade. Stupsi, Tante Erna, ich bin ja so glücklich.“

 

Tante Erna stieg aus dem Auto und gemeinsam mit Renate tanzte sie den Weg entlang, ohne mich weiter zu beachten. Sie ließen mich einfach zusammen mit dem Gepäck im Auto zurück. Ich konnte noch sehen, wie das Gartentor aufging und die beiden in Garten verschwanden. Dann hörte ich ein entzücktes „Ach wie süß“ , „So ein Knuddel“, „Darf ich ihn mal nehmen“. Tante Erna schien vollkommen auszuflippen. „Komm Renata, wir nehmen Peterl mit zu Stupsi. Du darfst den Wagen schieben.“

 

Also ein Peterl in einem Wagen, was das wohl sein soll. Das Gartentor ging erneut auf und Renate und Tante Erna kamen zurück. Renate schob zusammen mit Stefan so ein komisches Teil aus vier Rädern, auf dem etwas Kastenartiges mit einem Stoffdach befestigt war. Aus diesem Wagen hörte man ein Jauchzen.

 

Haben die Kinder es doch geschafft, ein Haustier zu bekommen? Vielleicht einen kleinen Hund oder eine Katze? Warum befördern sie das Tier dann in so einem komischen Wagen? Ich hatte so ein Teil noch nie gesehen.

 

„Stupsi, Stupsi, gleich wirst du ihn sehen. Überraschung!“, brüllte Renate und selbst der ruhigere Stefan war ganz aus dem Häuschen und schon stolz mit Renate den Wagen vor sich her.

 

„Nicht so schnell Kinder, das ist doch kein Rennwagen“, ermahnte Tante Erna die beiden.

 

„Ha, Peterl gefällt das aber“, lachte Stefan.

 

„Ja, und ob ihm das gefällt“, lachte auch Renate.

 

Kurz vor Nepomuk blieben die beiden stehen.

 

„Ich hol schon mal Stupsi raus“, meinte Renate und öffnete die Beifahrer Türe. Sie grinste dabei über beide Ohren und wirkte sehr glücklich. Renate nahm mich in die Arme und gab mir einen feuchte Knutschi.

 

„Und jetzt Stupsi, stelle ich dir Peterl vor. Das ist jetzt mein Herzilein“, schwärmte sie und ihre Augen glänzten dabei wie funkelnde Edelsteine.

 

„Dieser Peterl muss ja etwas ganz besonderes sein“, dachte ich mir noch, als mich Renate hochhob, sodass ich in den Wagen schauen konnte. Jetzt ratet mal was da drin lag und mich lächelnd ansah. Nein, kein kleiner Hund oder Katze, es war ein Baby, ein Junge namens Peterl. Woher kam dieses Baby nur?

 

„Das ist Peterl, unser kleiner Bruder. Er kam am 1.Juni auf die Welt und ist jetzt schon zwei Monate alt. Gell da staunst du, Stupsi.“

 

„Du redest mit Stupsi immer, als ob er dich verstehen könnte“, maulte Stefan, „das ist doch nur ein Stoffhase!“

 

„Paperlapapp, Stupsi ist mein Freund und er soll wissen, dass ich noch ein Brüderchen bekommen habe.“

 

„Stefan, Renate, kommt jetzt mit Peterl zurück in den Garten und lasst Tante Erna erst mal auspacken. Aber dieses Mal schiebt ihr den Kinderwagen etwas langsamer“, rief die Mama Friedl mahnend aus dem Garten heraus. Ihre Stimme klang zwar etwas schwächer und sanfter als sonst, aber die Kinder gehorchten aufs Wort, setzten mich mit in den Kinderwagen und schoben ihn den Weg entlang zurück in den Garten. Ich hatte jetzt Gelegenheit, Peterl, der seine kleinen Hände nach mir ausstreckte, näher zu betrachten. Er hatte ein rundliches Gesicht, große blaue Augen und einen dunkelblonden Flaum auf dem Kopf. Er schaute mich interessiert an und lächelte. Als ich seine Hand nahm, jauchzte er.

 

„Peterl mag dich wohl, Stupsi“, meinte Renate glücklich, als sie in den Kinderwagen hineinschaute.

 

Da hatte sie wohl recht. Meine Nase nahm jetzt einen eigenartigen Geruch war. Wo noch gerade ein herrlicher Babyduft den Kinderwagen vereinnahmt hatte, war jetzt ein süßlicher, aber auch fauler Geruch. Er kam unter der leichten Decke hervor, mit der Peterl bedeckt war.

 

Du wirst doch nicht etwa … du Schlingel du.

 

Im Garten angekommen, nahm mich Renate aus dem Kinderwagen heraus. Dabei verzog sie ihr kleines Näschen.

 

„Mami, Mami, ich glaube Peterl hat einen Kaka gemacht, los schnell weg Stupsi, sonst stinkst du noch!“, lachte sie und lief mit mir hüpfend durch den Garten.

 

„Warte, ich bringe dir Peterl, dann musst du nicht aufstehen Mami, du sollst dich ja noch erholen“, erklärte er gönnerisch und ließ mal wieder den großen Bruder raus.

 

Mutter Friedl nickte und war froh, dass Stefan ihr half.

 

„Kannst du ihn mir vielleicht mit der ganzen Tasche bringen?“, fragte Mama Elfriede ihren Sohn.

 

„Ich helfe dir“, brüllte jetzt Renate vom anderen Ende des Gartens und lief zu ihrem Bruder. Sie stoppte kurz und mit einem Satz flog ich in Richtung Liege.

 

Hoppla, auf einen Flug war ich jetzt nicht vorbereitet gewesen, was war nur in Renate gefahren? Rücklings landete ich gerade noch im Kopfteil der Liege auf dem Rücken und blieb dort regungslos liegen.

 

Renate schnappt sich einen der beiden Tragegriffe und zusammen versuchten sie jetzt das Baby mitsamt der Tasche aus dem Wagen zu heben.

 

„Du bist ja ganz schön schwer, du kleiner Stinker“, lachte Renate. Nachdem sie ein ganzes Stück kleiner war, als ihr Bruder, hatte sie Mühe das Gleichgewicht zu halten. Die Tasche mitsamt dem Baby war etwas in Schieflage gekommen. Mama Elfriede bemerkte es nicht, weil sie mittlerweile mit Tante Erna redete , die ihre Tasche nur im Haus abgestellt hatte, und dann in den Garten gekommen war.

 

„Sag mal, wo bleibt denn Andi, er ist nicht im Haus, ich dachte er kann heute früher aufhören“, meinte Tante Erna etwas geknickt.

 

„Ja, so war es geplant, aber leider ist ein Kollege erkrankt. Es kann sein, das es auch mit eurer geplanten Reise in den Süden nichts wird“, meinte Elfriede.

 

„Oh nein, das ist gemein, ich habe mich so auf die Reise gefreut. Jetzt muss ich sie alleine machen“, seufzte Tante Erna.

 

„Kommt ihr zwei klar mit der Trage“, fragte Mama Elfriede ihre zwei.

 

„Ja, klar Mami“, erwiderte Stefan und strafte dabei seine Schwester, die immer noch an dem Griff zerrte und ihn nicht richtig hoch bekam, „du bist noch ein richtiges Baby, ist halt Männersache.“ Er stieß seine Schwester einfach weg und diese landete auf dem Po.

 

„Du bist so ein gemeiner Arsch!“, schimpfte Renate jetzt sauer los.

 

„Ha, ha mal wieder tollwütiger Fuchs“, schellte Stefan sie, „tollwütiger Fuchs!“

 

Renate lief wie eine Tomate rot an und stürmte auf ihren Bruder los: „Du sagst nicht mehr tollwütiger Fuchs zu mir , du Knalltüte!“

 

„Ha, ha Knalltüte, fällt dir nichts besseres ein, du tollwütiger Fuchs.“

 

Noch bevor sich die Mutter einmischen konnte, hatte Renate ihren Bruder gepackt und ihn zu Boden geworfen. Die Tasche mit dem kleinen Bruder knallte zurück auf das Gestell und hing jetzt schief drin. Peterl erschrak und bekam ein verzerrtes Gesicht. Hinzu kam dann noch die volle Windel, die langsam zu erkalten schien. Auf alle Fälle brüllte er plötzlich wie am Spieß und die Mama Elfriede dachte wohl, es sei mehr passiert, als sie ihre beiden ringend am Boden sah und der Kleine wie am Spieß brüllte.

 

Gerade zur richtigen Zeit kam jetzt Papa Sepp aus dem Haus heraus und stürmte sogleich in Richtung des Kinderwagens. Renate und Stefan sprangen erschrocken auf und steckten sogleich ihre Köpfe in den Kinderwagen. Das sah wohl zu komisch aus, denn von einer Sekunde auf die andere hörte das Geschrei auf und Peterl lächelte die beiden an. Als Papa Sepp am Kinderwagen ankam, sah er nur noch drei grinsende Kinder vor sich.

 

„Was war denn los?“ fragte er seine beiden großen.

 

„Ach nichts“, meinte Stefan mit einem hochroten Kopf, der jetzt Renates sehr ähnlich sah.

 

„Warum ist die Tragetasche denn so schief drin?“

 

„Ah nichts, Papi, wie sind nur zu klein, um auch noch die Tasche herauszuheben.“

 

Renate nickte ihm zu.

 

„Ach so, na klar, ist ja auch zu schwer für euch“, meinte er lächelnd und nahm seinen Peterl, der ihn anstrahlte, als er ihn erkannte, aus dem Kinderwagen heraus und knuddelte ihn, „na du kleiner Stinker, brauchst wohl eine neue Windel. So und jetzt könnt ihr die Tasche raus tun“, zu seinen beiden großen.

 

Renate und Stefan schauten sich beide an und fingen dann schallend an zu lachen. Sie dachten wohl, dass ihr Vater beides auch nicht geschafft hätte, doch dieser war ein kluger Mann und wollte, dass die Kinder die Tragetasche erstmal ohne Inhalt raus nehmen sollten. Nachdem diese sich allerdings verhakt hatte, brauchten die beiden eine Weile, bis sie das geschafft hatten. Papa Sepp grinste nur, ihm war natürlich klar gewesen, dass die Tasche jetzt schwerer rausging, als sonst. So sah die Strafe eines Vaters aus, der die Kinder selber ihre Lehren aus ihren Fehlern ziehen lassen wollte. Es schien auch zu funktionieren, denn die beiden machten ein betretenes Gesicht und wollten natürlich ihren Vater auch nicht zu Hilfe bitten.

 

Mama Elfriede nahm ihren kleinen Sohn entgegen und zog ihm die Windel auf der Liege aus.

 

„Puh, du riechst aber echt streng und bist schon ganz rot“, rümpfte sie die Nase. Damit du wieder gut riechst und sich deine Haut beruhigt, creme ich dich nachher noch ein bisschen mit der Babycreme ein. Seiner Geschäfte entledigt jauchzte Peterl jetzt laut auf. Es schien ihm zu gefallen, dass er eine Weile ohne Windel bewegen und er mit seinen kleinen Füßchen spielen konnte. Er war sogar so beweglich, dass er seine großen Zehen in den Mund nehmen und daran nuckeln konnte.

 

„Hi, hi Peterl nuckelt an seinem Stinkerzeh“, lachte Renate, nahm dabei sein anderes Füßchen und kitzelte ihn, „na du kleiner Stinker - du du du - kitzel kitzel Stinkerfüße...“

 

Sie hatte vorhin ganz genau beobachtet, wie ihre Mutter ihren Bruder gewickelt hatte und wollte auch sonst möglichst viel mit ihm machen. Stefan interessierte das weniger und er spielte bereits mit seinen kleinen Autos.

 

Peterl gluckste und jauchzte jetzt noch mehr. Das wiederum gefiel der ganzen Familie und sie amüsierten sich köstlich über ihren kleinen Liebling. Irgendwie schien es, als ob genau er noch in der Familie gefehlt hatte. Sie war jetzt komplett und alle waren glücklich. Peterl strampelte jetzt erfreut mit beiden Füßchen, doch als ihn die Mama Elfriede neu anziehen wollte, hörte er kurz auf und dann spritze er ihr eine volle Ladung Pippi ins Gesicht und auf ihre Klamotten. Elfriede wich vor Schreck zurück. Wie eine hohe Fontäne blies er das Pippi in die Luft und es schien ihm auch noch zu gefallen. Der Strampelanzug, der auf ihrem Schoß lag, wurde ebenso getroffen. Peterl gluckste fröhlich.

 

„Na du kleiner Schlingel, das strampeln hat wohl auch noch deine Blase aktiviert. Da siehst du mal Renate, bei Jungs muss man immer auf alles gefasst sein“, lachte die Mama und wischte sich mit einem Erfrischungstuch ab.

 

„Renate, tu mir doch bitte einen Gefallen und hole für Peterl noch einen frischen Strampelanzug. Der ist leider ein auch ein bisschen nass geworden und noch ein frisches Handtuch. Du weißt ja wo alles ist. Ich hole mir danach selber noch ein neues T-Shirt“, forderte sie Renate liebevoll auf, und zu ihrem Peterl gewandt, „und du Strizi darfst jetzt noch ein bisschen länger ohne Windeln strampeln.“

 

Das schien Peterl sehr zu gefallen und er fuhr mit seinen Turnübungen fort. Jetzt wo Renate weg war, ging auch Stefan zu ihm und prustete ihm mit dem Mund warme Luft auf seinen nackten Bauch. Das schien Peterl besonders zu gefallen, denn das gab immer so ein kleines Pfurzgeräusch. Stefan und Peterl hatten ihre helle Freude daran und lachten um die Wette. Der kleine Bruder schien auch den ruhigeren Stefan aus der Reserve zu locken und schien ihm gut zu tun. Dieser Peterl schien überhaupt durch seine Art sehr positiv auf die Familie zu wirken und er genoss die Aufmerksamkeit, die er als Nesthäkchen bekam. Nachdem Renate mit einem frischen Strampler zurückgekommen war, wurde Peterl wieder angezogen und die Mutter stillte ihn. Anschließend legte sie ihn in die Trage im Schatten des Zwetschgenbaumes schlafen. Ich durfte noch ein bisschen zu ihm rein und genoss den Babygeruch, der jetzt von ihm ausging. Es war eine Mischung aus süßem und leicht säuerlichem Duft, den Babies so ausströmen.

 

„Ihr passt bitte solange auf auf Peterl auf, während ich mich umziehe, denn Papi ist schon auf der Liege eingeschlafen“, forderte die Mutter ihre beiden auf.

 

„Ist gut Mami“, brüllten beide aus einem Munde.

 

„Komm wir gehen zu Peterl“, meinte Renate und freute sich ihn eine kurze Weile alleine zu haben, dabei nahm sie Stefan bei der Hand.

 

 

 

„Du musst mich deshalb aber nicht wie ein Kleinkind an der Hand nehmen“, murrte Stefan, „ich geh ja schon mit.“

 

„Komm lass uns Peterl sein Schlaflied singen“, forderte Renate ihren Bruder Stefan auf.

 

„Ich singe aber nicht gerne“, murrte dieser zurück, „mach du das lieber alleine, ich habe keine Lust“ Faul legte er sich neben der Trage mit Peterl ins warme Gras.

 

„Na gut, du Stoffel, dann singe ich halt alleine“, seufzte Renate und setzte sich neben der Trage ins Gras, „und du schläfst jetzt auch eine Weile, Stupsi.“

 

Renate begann zu singen. Sie hatte eine wunderschöne klare Kinderstimme und begann Peterls spezielles Schlaflied zu singen, das Mama Elfriede extra für ihn gedichtet hatte. Normalerweise war der Text etwas anderes, aber so gefiel es ihnen allen besser.

 

„Schlafe mein Prinzchen schlaf ein, bist Mamis Sooonnenschein. Schlafe in himmlischer Ruh, decke die Englein dich zu, schlafe meine Prinzchen schlaf ein, bist unser Sooonenschein, schlafe mein Prinzchen schlaf ein, schlaaaf ein, schlaaaf ein, mein Prinzchen schlaf ein.“

 

Peterl genoss es und schlief gleich ein. Als die Mutter zurück kam, schief er bereits tief und fest und auch Stefan war neben der Trage eingeschlafen.

 

Die Mutter schmunzelte und legte sich zusammen mit Renate auf die andere Liege.

 

Als Tante Erna nach einer Weile mit ihrem Freund wieder in den Garten kam, schlief dort die ganze Familie harmonisch . Sie nahm sich zwei weitere Liegen und gesellten sich dazu.

 

Diese himmlische Ruhe hielt allerdings nicht sehr lange an, denn nach einer Stunde kam die Oma Gretl in den Garten und meinte, dass es langsam Zeit mit dem Abendessen wäre.

 

Während des Abendessens erklärte Tante Erna, dass sie leider nicht lange bleiben können, weil sie noch weiter in den Süden fahren wolle, bald aber wieder zurück käme.

 

„Nimmst du Stupsi auch mit?“, fragte Renate geknickt.

 

Tante Erna nickte.

 

Eine Woche lang durfte ich noch mit Renate verbringen, bevor es weiter nach Italien ging. Es würde sicherlich eine ruhige, gemütliche Woche werden mit den beiden. So dachte ich jedenfalls, doch die beiden wollten unbedingt nochmal den Schuppen mit dem Auto erkunden und als Tante Erna und Andi die Liegen aufräumten, gingen sie mit.

 

Kapitel 2:

 

BMW Dixie

 

Bist du noch klein – lass das Spielen mit Autos sein“

 

 

 

Der Wetterbericht hatte Hagel angesagt und die Eltern von Renate und Stefan waren beim Einkaufen. Peterl schlief in seinem Stubenwagerl und Oma Gretl passte auf ihn auf. Dunkle gelbe Wolken zogen auf und die Liegen standen vom Vortag immer noch im Garten.

 

„Komm Andi, lass uns lieber die Liegen in den Schuppen räumen, bevor es richtig losgeht.“ Dabei nahm sie den langen, schwarzen, gebogenen Schlüssel vom Schlüsselbrett und zog sich eine Regenjacke an. Andi nickte und gemeinsam gingen sie zum Schuppen. Renate und Stefan war es langweilig und sie schlichen den beiden, Renate mich im Arm, nach. Vor dem Gartentor versteckten wir uns hinter einem Busch. Als jetzt Tante Erna und Andi den Schuppen aufgeschlossen hatten und die Liegen holten, liefen wir in den Schuppen hinein. Der rote alte BMW Dixi stand immer noch da.

 

„Komm Renate, wir verstecken uns im Wagen, dann sehen sie uns nicht“, forderte Stefan seine Schwester auf.

 

 

 

 

 

„Ich weiß nicht“, meinte Renate und schaute mich mit einem fragenden Blick an.

 

Was hätte ich denn antworten sollen? Mir behagte das Ganze nicht und ich wäre angesichts des Wetters das aufzog, ohnehin gleich wieder umgekehrt. Mich hatte ja niemand gefragt, ob ich mitkommen will.

 

„Na komm mach schon, die beiden kommen gleich mit den Liegen zurück!“, forderte Stefan seine Schwester auf und zog sie mit sich. Dann machte er die Beifahrertüre auf und schob sie hinein. Er selber setzte sich auf den Fahrersitz und nahm stolz das Lenkrad in die Hände. Er war natürlich noch zu klein, um darüber hinweg zu sehen, aber in Gedanken fuhr er schon mit dem Auto los und machte komische Geräusche. Renate fand das komisch und fing an zu kichern.

 

„So macht doch kein Auto!“, stieß sie ihn an. Das ist doch kein Rennwagen, wie deine Spielzeugautos.

 

„Brumm brumm nieeeeeeeeeee“, machte Stefan und ließ sich nicht beirren. Dabei bewegte er ganz leicht das Lenkrad.

 

Stimmengewirr ertönte, weil Tante Erna und Andi voll bepackt mit den Liegen zurückkamen und diese in eine Ecke stellen.

 

„Los duck dich“, forderte Stefan seine Schwester leise an, „wenn sie uns hier entdecken, gibt’s gewaltigen Ärger und wenn Tante Erna sieht, dass du auch noch Stupsi dabei hast...“

 

Renate gehorchte und kauerte sich auf den Autositz. Dabei quetschte sie mich gegen die ledernen Sitze und ich konnte kaum mehr atmen. Es war so leise in dem Auto, man hätte eine Schraube fallen lassen hören. Dann krachte es plötzlich und es war dunkler geworden.

 

„Die Türe, Mensch die Türe“, flennte Stefan, „sie haben uns eingesperrt! Wie sollen wir jetzt wieder aus dem Schuppen herauskommen? Wenn es dunkel wird, sehen wir nichts mehr.“

 

Renate zuckte zusammen und sprang auf. Dabei stieß sie sich am Autodach. „Aua“, schrie sie und ließ mich vor lauter Schreck fallen. Sie hielt sich schmerzerfüllt ihren Kopf und fing an zu weinen. Stefan legte ihr brüderlich die Hand auf die Schulter und versuchte sie zu trösten.

 

„Keine Angst Renate, wir kommen schon wieder raus, ich verspreche es dir. Schau mal Stupsi ist am Boden gefallen. Der ist sicherlich auch erschrocken und möchte getröstet werden.“

 

Kluger Schachzug von Stefan, denn er wollte Renate dadurch ablenken, was auch funktionierte, denn schon hörte sie auf zu weinen. „Stupsi, mein kleiner Stupsi, hast du dich erschrocken?“

 

Dabei hob sie mich auf und strich mir liebevoll über den Kopf, „ich hoffe, du hast dir nicht auch den Kopf gestoßen.“

 

„Ha, ihr beiden Kopfnüsse“, lachte jetzt Stefan und versuchte die ganze Situation aufzulockern.

 

„Ich geb dir gleich eine Kopfnuss du Dummi!“, lachte jetzt Renate zurück. Doch die beiden konnten sich nicht wirklich freuen und verstummten plötzlich. Dann krachte es fürchterlich und eine Silhouette eines Blitzes erschien an der gegenüberliegenden Holzwand. Durch das Fenster, hatte der Blitz für kurze Zeit den Schuppen erhellt. Renate zuckte zusammen und hielt mich fest an sich gepresst.

 

„Stefan, ich habe Angst“, jammerte sich und rückte näher an ihren Bruder heran.

 

Doch dieser war selber ganz irritiert und hatte sich krampfhaft am Lenkrad festgehalten.

 

„Geh mal raus aus dem Auto und schau aus dem Fenster raus, ob es schon hagelt“, forderte Renate ihren Bruder an.

 

„Na, ich weiß nicht, Papi hat mal gesagt, dass man bei Gewitter im Auto bleiben sollte.“

 

„Wenn wir im Auto bleiben, müssen wir hier die ganze Nacht bleiben. Wie sollen denn Mami und Papi auf die Idee kommen, dass wir im Schuppen im Auto sind. Wir haben ihnen doch versprochen, dass wir nicht mehr alleine in den Schuppen gehen.“

 

Stefan senkte verlegen den Kopf. Dieses Mal würde es wohl richtig Ärger geben und er als der große Bruder, würde wohl das Meiste abbekommen. Dieses Mal konnte er es nicht auf seine kleine Schwester schieben, er musste es selber ausbaden.

 

„Du sagst aber schon, dass wir beide in den schuppen gehen wollten, dann wird die Strafe nicht so heftig ausfallen“, meinte er kleinlaut.

 

„So, du meinst also geteiltes Leid ist halbes Leid“, keifte Renate zurück, „du weißt ganz genau, dass ich eigentlich nicht mitgehen wollte. Du wolltest dich doch unbedingt in dieses Auto setzen, obwohl, es ist schon cool hier drin und die Ledersitze riechen so gut. Schließlich ist mit diesem Auto unser Opa, den wir nie kennenlernen durften, gefahren. Vermisst du ihn nicht auch manchmal?“

 

„Mhm, wie soll ich wen vermissen, den ich gar nicht kenne?“, fragte Stefan seine Schwester nachdenklich.

 

„Ich meine nicht vermissen, aber ich sehne mich eigentlich schon nach dem Papi von unserem Papi. Der Laimer Opa ist zwar ein ganz toller Opa, der viel mit uns macht, aber es wäre schon schön, wenn wir noch einen Opa hätten. Die Garmischer Oma macht ja auch nichts mit uns. Manchmal hat die so einen herrischen Ton, dass man vor ihr Angst bekommen kann und spielen tut sie auch nichts mit uns. Bei der müssen wir doch immer nur spuren und es passiert selten, dass sie mit uns kuschelt.“

 

„Ja, du hast ja recht, der Garmischer Opa hätte mir schon längst das coole Auto gezeigt und wäre mit mir eine Runde durch die Berge gefahren. Papi rührt das Auto ja nicht an, warum auch immer. Es ist doch viel schöner als unser Ford Taunus.“

 

„Papi darf bestimmt das Auto nicht fahren. Ich kann mir vorstellen, dass Oma es ihm verboten hat. Komm, lass uns mal gemeinsam rausschauen.“

 

Dabei öffnete er die Türe und stieg aus. Renate rutschte auf den Fahrersitz und tat es ihm gleich. Sie wusste wohl nicht, wie die Beifahrertüre aufging.

 

Jetzt, wo sie nicht mehr im Auto waren, konnten sie es hören. Riesige Wassertropfen klatschten an das einzige Fenster des Schuppens. Das Geräusch wurde immer lauter und jetzt sah es aus, als ob weiße Steine gegen das Fenster prasseln würden. Das Dach des Schuppens schien unter der Last zu ächzen. Stefan blickte in Richtung des Dachbodens.

 

„Hoffentlich hält das Dach! Die Hagelkörner sind ganz schön groß und der Schuppen ist schon ziemlich alt.“

 

„Meinst du echt?“, fragte Renate mit großen Augen. Dann sahen sie in unmittelbarer Nähe einen Blitz, der den Schuppen wieder erhellte. Kurz danach gab es einen lauten Donner. Die beiden Kinder hielten sich krampfhaft aneinander fest. Es schien, als ob der ganze Schuppen wackeln würde. Die Angst war förmlich spürbar und legte sich wie eine große Decke über die beiden. Ohne es zu wollen, fing Renate an zu zittern. Es lag wohl auch an der Kälte im Raum, die diesen überzog.

 

„Keine Angst, ich bin ja da und dein Stupsi passt auch auf dich auf“, meinte Stefan kleinlaut und warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu. Er wollte die Last wohl mit mir teilen, weil er selber Angst hatte.

 

Dann gab es einen Ruck und die Türe des Schuppens flog auf. Der Wind fegte hindurch und die beiden waren davon so überrascht, dass sie gegen die Holzwand flogen, wo die Ski befestigt waren. Voller Todesangst starrten sie auf einen Lichtstrahl, der auf sie zukam. Fest an die Ski gepresst klammerten sie sich aneinander und schlossen die Augen, weil das Licht sie blendete

 

„Habe ich´s mir doch gedacht, dass ihr hier drin seid“, knurrte eine tiefe Stimme.

 

‚Papi? War das Papi?‘ Die beiden Kinder rissen die Augen auf und starrten in das Licht.

 

„Wer soll es denn sonst sein, der sich bei diesem Hundewetter auf die Suche nach seinen unerzogenen Kindern macht!“

 

„Papi, Papi, ich bin ja so froh, dass du da bist. Ich hatte fürchterliche Angst. Renate stürmte auf ihren Papi und kuschelte sich an ihn. Dieser schloss sie glücklich in seine Arme. Nur Stefan stand immer noch schuldbewusst an der Wand und traute sich nicht zu seinem Vater. „Nun komm schon her, Burle“, forderte Papa Sepp seinen Sohn auf, „du bist doch bestimmt auch froh, dass ich euch gefunden habe.“

 

„Ja, Papa“, erwiderte Stefan kleinlaut und ließ sich von seinem Vater umarmen. Die große Last fiel wie ein Sandsack von ihm ab und jetzt konnte auch Stefan seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Als großer Bruder hatte er sich zusammengerissen, obwohl er genauso viel Angst wie Renate gehabt hatte. Stefan zitterte jetzt am ganzen Leib, tat aber so, als ob es die Kälte war, die ihn erzittern ließ.

 

 

 

„Nun kommt, lauft schnell ins Haus und last euch einen warmen Tee von Mami geben. Sie hat sich echt große Sorgen um euch gemacht.“

 

Der Hagel hatte wieder nachgelassen und es regnete nur noch. Trotzdem liefen die Kinder, als ob der Teufel hinter ihnen her wäre, über den Garten ins Haus. Trotz des kurzen Weges wurden wir alle pitschnass und Mama Elfriede steckte die beiden erst mal in die heiße Badewanne und machte ihnen einen Tee. Papa Sepp schloss noch den Schuppen zu und eilte ihnen nach.

 

Im Badezimmer stellte er die beiden dann zur Rede. Ich beobachtete es von meinem Platz auf der Heizung, wo mich Mama Elfriede, in ein Handtuch hingesetzt hatte. Sie war danach allerdings verschwunden, weil sie sich um Peterl kümmern musste und diese Standpauke ihrem Mann überlassen wollte,

 

„Ihr wisst schon, wie gefährlich es bei diesem heftigen Gewitter im Schuppen war? Der Mühlbach hätte auch über die Ufer treten können. Was habt ihr denn dort gemacht?“

 

„Der Dixie“, stammelte Stefan, „ich wollte so gerne mal in dem Auto sitzen. Dich interessiert das Auto ja nicht!“

 

„Der Dixie? Ich habe eine sehr traurige Erinnerung an ihn“, murmelte Papa Sepp traurig.

 

„Wieso denn Papi?“, mischte sich jetzt Renate ein, die ihrem Papa trösten wollte. Nur sehr selten kam eine merkwürdige Traurigkeit über ihren Vater und meistens, wenn es im Zusammenhang mit seinem Vater war.

 

„Ist es, weil das Auto Opa gehört hat?“

 

„Ich habe meinen Vater zuletzt mit diesem Auto wegfahren sehen. Als ich dann am nächsten Wochenende heimkam, war er plötzlich tot. Einfach Herzinfarkt und tot, ohne dass ich mich von ihm verabschieden konnte“, meinte er geknickt.

 

„Das ist traurig Papi, aber das Auto kann doch nichts dafür. Kannst du uns nicht verstehen, dass wir mal in dem Auto von Opa sitzen wollten? Wir vermissen ihn doch auch, obwohl wir ihn nie kennenlernen durften.“

 

„Ja, ich weiß und es tut mir auch leid, dass ihr ohne euren Opa aufwachsen müsst. Er war ein ganz lieber Papi und wäre auch ein toller Opa gewesen. Ich kann ja verstehen, dass ihr neugierig wart, nachdem ihr ihn das letzte Mal gesehen habt. Ich frag mich nur, warum ihr das gerade bei so einem gefährlichen Wetter machen musstet. Aber Schwamm drüber, ich bin froh, dass euch nichts passiert ist. Wenn ihr wollt, können wir mit dem Auto gerne mal eine Spritztour machen. Aber jetzt trinkt euren heißen Tee aus und dann kommt runter zum Abendessen.“

 

Mit diesen Worten ließ er uns alleine. Renate und Stefans Miene erhellte sich. Das war nochmal echt gut ausgegangen und sie waren trotz ihrer Dummheit mit einem blauen Auge davon gekommen.